Donnerstag, 17. September 2009

Hass-Martin oder das Phänomen "Cyber-Mobbing"

Letztes Wochenende habe ich mit meinem Freund "Schlag den Raab" angeschaut. Normalerweise zappe ich bei dieser Sendung immer wieder mal weg, da mir das Ganze immer etwas zu langatmig wird mit all den Spielen und ständigen Werbeunterbrechungen, aber dieses Mal hat uns der junge Kandidat und seine eigentümliche Verhaltensweisen doch an die Mattscheibe gefesselt.

Mein Freund hatte den Kandidaten schon nach wenigen Minuten in die Kategorie "Vollpfosten" gesteckt und regte sich richtiggehend über ihn auf. Ich versuchte vielmehr aus ihm und seinen Äußerungen etwas auf seinen Charakter zu schließen und gab seinem jungen Alter die Schuld, an dem etwas ungehobelten Auftreten im Fernsehen. Je länger wir jedoch die Geschichte verfolgten, desto unsympathischer wurde Hans-Martin aber auch mir selbst! Er war nicht nur sehr selbstbewusst - was ja an sich nicht schlimm ist - nein, er war einfach regelrecht unverschämt zu Raab und kam sehr großspurig rüber. Nebenbei tat die kleine Stimmungsmache der Kommentatoren noch ihr übriges und das Publikum war ruckzuck auf Raabs Seite, was lt. Moderator auch noch nie vorgekommen sei.

Das ganze Fremd-Schäm-Drama gipfelte dann darin, dass Hans-Martin letzenendes das Duell gewann und tatsächlich ausgebuht wurde. Schon hier kam mir das alles höchst seltsam vor und auch Stefan Raab ergriff Partei und stellte sich schützend vor den Gewinner.

Nach dieser Sendung war ich für kurze Zeit im Ausland und war von der deutschen TV-Welt und v.a. auch vom Internet abgeschnitten. Währenddessen hatte sich im Fall Hans-Martin einiges getan und es wurde aus ihm "Hass-Martin". Mit offenem Mund las ich verschiedene Artikel im Netz über den ungeliebten Gewinner, der innerhalb kürzester Zeit eine zweifelhafte Berühmtheit erlangt hatte. In versch. Online-Communitys wurden Anti-Gruppen gebildet, es tauchten Abi-Kommentare über ihn auf, sein eigenes User-Profil wurde bebomt, von Prügel war die Rede und vielem mehr.

Ich war richtiggehend geschockt! Diese Entwicklung war für mich ein erschreckendes Beispiel dafür, wie mächtig und unaufhaltsam die Informationsverbreitung und Meinungsbildung im Internet geworden ist. Klar hatte ich am nächsten Tag auch das Verhalten von dem Jungen mit meinen Freunden diskutiert; "total bescheuert" war unser einstimmiges Urteil - aber niemals wäre ich auf die Idee gekommen, an so einer Stimmungsmache und "Hetzjagd" teilzunehmen! T-Shirts drucken lassen!? Was für eine wahnwitzige Idee...da ist mir doch meine Zeit viel zu Schade!

Mir tut er schon fast leid und ich hoffe er kann mit dieser Situation dennoch gut umgehen und seine Freunde stärken ihm den Rücken. Ich hätte sicherlich ein Problem damit. Nicht dass ich everybodys darling sein möchte, aber wie soll man sich denn gegen eine anonyme Vielzahl von Menschen im Internet stellen? Wie verhält man sich, wenn man beim Einkaufen in der Stadt von Wildfremden bepöbelt oder (vermeintlich) grundlos angepöbelt wird?

Hans-Martin wünsche ich, dass der Hype um ihn genauso schnell abnimmt wie er zugenommen hat...

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